Auslegungsfragen zur Novel-Food-Verordnung – Thema Spermidin
Vorabentscheidungsersuchen des LG Graz, Rechtssache C-141/22 – Auslegungsfragen zur Novel-Food-Verordnung / Thema Spermidin.
Das Verfahren betrifft ein Nahrungsergänzungsmittel mit Spermidin, bei welchem bei der Herstellung des Produkts Buchweizensaat in eine Nährlösung, die synthetisches Spermidin enthält, als Hydrokultur zu Sprossen keimt. Nach der Ernte wird der Keimling mit Wasser gewaschen, getrocknet und zu Keimlingsmehl vermahlen. Durch die Herstellung entstehen nicht mehr Keimlinge als Saatkörner eingesetzt werden. Der Spermidingehalt des Buchweizenkeimlingsmehls beträgt 3,5 mg pro Gramm.
Das Gericht hat folgende Fragen dem EuGH vorgelegt:
1) Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer iv) der Verordnung (EU) 2015/2283 so auszulegen, dass „Buchweizenkeimlingsmehl mit hohem Spermidingehalt“ ein neuartiges Lebensmittel darstellt, sofern nur Buchweizenkeimlingsmehl mit einem nicht erhöhten Spermidingehalt vor dem 15.5.1997 in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verkehr in der Europäischen Union verwendet wurde oder danach eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel hat, unabhängig davon, wie das Spermidin in das Buchweizenkeimlingsmehl gelangt?
2) Bei Verneinung der Frage 1.: Ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer vii) der Verordnung 2015/2283 so auszulegen, dass der Begriff des Herstellungsverfahrens von Lebensmitteln auch Verfahren in der Primärproduktion umfasst?
3) Bei Bejahung der Frage 2.: Kommt es für die Frage der Neuartigkeit eines Herstellungsverfahrens im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer vii) der Verordnung 2015/2283 darauf an, ob das Herstellungsverfahren an sich noch nie bei irgendeinem Lebensmittel oder ob es bei dem zu beurteilenden Lebensmittel nicht angewandt wurde?
4) Bei Verneinung der Frage 2.: Handelt es sich beim Keimen von Buchweizensaat in einer spermidinhaltigen Nährlösung um ein Verfahren der Primärproduktion in Bezug auf eine Pflanze, auf die die lebensmittelrechtlichen Vorschriften, insbesondere die Verordnung 2015/2283, keine Anwendung findet, da die Pflanze vor dem Zeitpunkt der Ernte noch kein Lebensmittel ist (Art. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (2))?
5) Macht es einen Unterschied, ob die Nährlösung natürliches oder synthetisches Spermidin enthält?