„Plant Collagen“ ist irreführend
KG Berlin, Urteil vom 11.6.2024, 5 U 87/21, Aus der Entscheidung:
Der mit der Produktbezeichnung „Plant Collagen“ angesprochene durchschnittlich informierte Verbraucher wird diese ohne weiteres dahin verstehen, dass das so bezeichnete Produkt einen als „Collagen“ bezeichneten (Nähr)stoff pflanzlichen Ursprungs enthält.
Der durchschnittlich informierte Verbraucher, dem die Beklagte mit den Angaben zur Verwendung des „Plant Collagen“ in der Ernährung selbst gewisse Kenntnisse der englischen Sprache abverlangt, wenn sie in ihrer Produktdarstellung (Anlage K3) darauf verweist, dass das unter dem Oberbegriff „YOUR SUPERFOOD“ vermarktete „Plant Collagen Mix“ als „Plant Collagen Booster“ unter anderem einem „smoothie“ oder einem „oatmeal“ hinzugefügt werden könne, wird den dem englischen Grundwortschatz zuzuordnenden Begriff „Plant“ ohne weiteres mit „Pflanze“ bzw. in Kombination mit dem Begriff „Collagen“ mit „pflanzlich“ übersetzen. Dies gilt erst recht in Ansehung des Umstandes, dass dem Verbraucher das Produkt im Internetshop der Beklagten als „100% vegan“ und als Kombination von „6 Bio-Superfoods“ vorgestellt wird, deren pflanzlicher Ursprung im Folgenden auf der Internetseite der Beklagten erläutert wird.
Den weiteren Bestandteil der auf der Produktverpackung prominent herausgestellten Produktbezeichnung „Plant Collagen“ erkennt der angesprochene Verkehr sodann als Hinweis auf den wesentlichen Inhaltsstoff, der für die dem Produkt zugeschriebenen Eigenschaften verantwortlich ist.
Der Verkehr ist daran gewöhnt, dass ihm Nahrungsergänzungsmittel und auch Lebensmittel, wie sie von der Beklagten angeboten werden, unter einer Produktbezeichnung präsentiert werden, die ihre wesentlichen Inhaltsstoffe, um derentwillen der Verbraucher das jeweilige Produkt zu sich nimmt, erkennen lässt („Protein Shake“, „Vitamin Drink“, „Magnesium Riegel“). Ein durchschnittliches Mitglied der angesprochenen Verkehrskreise misst dem Begriff „Collagen“ daher auch dann, wenn es seine eigentliche, einen in Bindegewebe, Knorpeln und Knochen vorhandenen (leimartigen, in Wasser quellenden) Eiweißstoff bezeichnende Wortbedeutung (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Kollagen) nicht kennt, eine auf den Hauptbestandteil des so bezeichneten Lebensmittels hinweisende Bedeutung zu. Dies gilt erst recht in der Zusammenschau mit den im Internetauftritt der Beklagten eingeblendeten werblichen Angaben wie bspw. „Schützt dein natürliches Kollagen“ und „BIO PLANT COLLAGEN UM DEIN KOLLAGEN NATÜRLICH ZU UNTERSTÜTZEN“, denen der Durchschnittsverbraucher unschwer entnimmt, dass dieser (Nähr)stoff bereits Teil des eigenen Organismus ist.
Auch diejenigen Verbraucher, die unter dem Begriff „Collagen“ ein körpereigenes Protein verstehen, das Bestandteil unter anderem des Bindegewebes und der unteren Hautschichten ist, werden angesichts des weitverbreiteten Angebots von Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika – insbesondere von sog. Anti-Aging-Produkten – mit dem Bestandteil „Kollagen“ zu der Auffassung gelangen, dass hiermit auch bei dem Produkt der Beklagten der wesentliche Inhaltsstoff desselben angesprochen ist. Dieser Eindruck wird in Ansehung des Internetauftrittes der Beklagten noch dadurch verstärkt, dass das Produkt der Beklagten ausdrücklich als „Beauty-Mischung“ zur Unterstützung der „Gesundheit deiner Haut“ beworben wird.
Es ging um ein Nahrungsergänzungsmittel „Plant Collagen“ und „Plant Collagen Booster“, welches ausschließlich aus veganen Substanzen zusammengesetzt war.
Tatsächlich existiert pflanzliches Collagen nicht. Die Bezeichnung stelle eine Information im Sinne der LMIV dar und ist irreführend.