Irreführende Auslobung „Bio“ bei kosmetischen Mitteln
LVwG Niederösterreich vom 13.11.2023, LVwG-S-1656/001-2023 – Irreführende Auslobung „Bio“ bei kosmetischen Mitteln.
Ein kosmetisches Mittel wurde blickfangartig auf der Vorderseite der Kartonverpackung im selben Blickfeld wie die Sachbezeichnung mit der Angabe Bio mit 2 Blättern und einem kreisförmig umschreibenden Text in kleiner Schrift „mit wertvollen Wirkstoffen aus der Natur“ in Verkehr gebracht. Auf der Vorderseite war weiters die Angabe „mit Edelweiß und Stutenmilch“ zu lesen. Auf der Seite des Produkts fand sich die Angabe „hergestellt mit biozertifizierten Rohstoffen und Alpenkräutern“. Auf der Unterseite der Kartonverpackung ist in der Bestandteilliste als Inhaltsstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau lediglich die Stutenmilch gekennzeichnet gewesen. Der Stoff steht an der 5. Stelle der Bestandteilliste, das bedeutet, der Stoff ist mengenmäßig der fünfthäufigste Stoff.
Es war somit nur ein biozertifizierter Rohstoff enthalten, im Laufe des Prozesses hat sich herausgestellt, dass nicht einmal das sicher ist.
Die Codenummer und/oder der Name der zuständigen Biokontrollstelle ist nicht genannt.
Das österreichische Lebensmittelbuch zu Naturkosmetik enthält eine Regelung, damit der Verbraucher bei einem Naturkosmetikprodukt nicht den Eindruck bekommt, es sei ein Biokosmetikprodukt. Die gegenständlich blickfangartige Aufmachung des Begriffs „bio“ kann nur so verstanden werden, dass es sich bei dem vorliegenden Produkt um ein Biokosmetikum handelt, und nicht um einen Hinweis, dass ein einzelner Inhaltsstoff in Bioqualität gegeben ist.
Unabhängig davon, dass das Landesverwaltungsgericht gar nicht feststellen konnte, dass ein Inhaltsstoff aus kontrolliert biologischem Anbau wäre, ist die Auslobung irreführend. Selbst, wenn man davon ausgehen wollte, dass die – auf der Verpackung als einziger Biorohstoff angeführte – Stutenmilch in der gezogenen Probe tatsächlich aus kontrolliert biologischem Anbau stammte, hätte ihr Anteil am Gesamtprodukt nur 1/20 bzw. (abzüglich des Wasseranteils) nur etwa 1/6 betragen. Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des deutschen Oberlandesgerichts Hamm vom 7 20.3.2012 zu I-4U193/11 hat das Gericht festgehalten, dass die Bezeichnung „bio“ dem Verbraucher den Eindruck vermittelt, dass das so bezeichnet Kosmetikum zumindest überwiegend, d.h. über 50 % aus natürlichen, pflanzlichen Inhaltsstoffen zusammengesetzt ist.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich dieser Ansicht angeschlossen. Insbesondere liegt eine Irreführung vor, weil auf der gegenständlichen Verpackung in der Mehrzahl von Wirkstoffen aus der Natur bzw. biozertifizierten Rohstoffen gesprochen wird, obwohl keiner oder bestenfalls einer der Inhaltsstoffe biozertifiziert ist. Es liegt ein Verstoß gegen die VO (EU) 655/2013 vor, weil die Aussage „hergestellt mit biozertifizierten Rohstoffen“ nicht durch hinreichende und überprüfbare Nachweise belegt wurde. Durch die Aufmachung würde der Eindruck entstehen, das Gesamtprodukt wäre „bio“.
Insgesamt ist die Entscheidung keine Richtschnur für die Kennzeichnung von Biokosmetika, denn wenn gar keine Zutat aus kontrolliert biologischem Anbau stammt, oder nur eine, die einen geringen Teil des Gesamtprodukts ausmacht, ist die Auslobung als „bio“ unzweifelhaft irreführend.