Irreführende gesundheitsbezogene Werbung für ein Medizinprodukt
OLG Hamm, Urteil vom 21.04.2022, 4 U 39/22 – Irreführende gesundheitsbezogene Werbung für ein Medizinprodukt.
Das sog. „Strengeprinzip“ kommt zum Schutz der Verbraucher nicht nur bei gesundheitsbezogener Werbung für Arzneimittel zur Anwendung, sondern auch, wenn Medizinprodukte, welche nur physikalisch wirken und nicht vom Körper resorbiert werden (hier: eine Wundauflage zur Aufnahme und Bindung von Wundexsudat), mit heilenden Wirkungen beworben werden (im Anschluss an OLG Frankfurt, Urteil vom 2.12.2021 – 6 U 121/20, GRUR 2022, 581 – Heilerde zur Entgiftung).
Maßgeblich für die Frage, ob die Werbeangaben gesundheitsbezogene Wirkungsangaben enthalten, ist das Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Werbeadressaten (im Anschluss an BGH, Urteil vom 5.11.2020 – I ZR 204/19, GRUR 2021, 513 – Sinupret).
Gehören die Adressaten der Werbeaussagen dabei verschiedenen Kreisen (hier: medizinische Fachkreise, aber auch das allgemeine Publikum) an, so reicht die Irreführung in einem dieser Kreise aus (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 11.2.2010 – I ZR 154/08, WRP 2010, 759 – Bundesdruckerei und Urteil vom 2.10.2003 – I ZR 150/01, GRUR 2004, 244 – Marktführerschaft).
Durch den Anwendungsbereich auf infizierte Wunden und mit Hinweisen auf klinische Studien sowie den Begriff Entzündung wurde irreführend und gegen die Werbevorgaben für Medizinprodukte verstoßen, da nicht nur Fachkreise, sondern auch das allgemeine Publikum angesprochen waren.